Altes Dorfbuch Conweiler 1568 – wertvoll für die Dorfgeschichte

Fast 260 Jahre war „Des Fleckhenn Chonnweylers Dorffbuch von 1568“ verschollen. Nach einer ebenso lange währenden Odyssee ist es nun wieder aufgetaucht, gibt wichtige Auskunft über die Dorfgeschichte und wirft gleichzeitig neue Fragen auf. Vor wenigen Tagen wurde der frühere Straubenhardter Hauptamtsleiter Hubert Mahle mit der Durchsicht und angekündigten Übertragung der heute fast nicht mehr verständlichen Begriffe, Formulierungen und Schreibweisen fertig.

Daraus ergab sich der Hinweis, daß es bereits vor dem Dreißigjährigen Krieg in Conweiler sogenannte „Dorf-Eingangstore“ gab, um die „Ein-, Durch- und Ausreisenden“ mit Vieh oder Handelswaren zu kontrollieren.

Wegen möglicher Seuchengefahren war sogar für mitgeführtes Vieh bestimmt, daß nur „gewettes Vieh“, also durch „Wasserfurten gesäubertes Vieh“ durchgeführt oder -getrieben werden durfte.

Selbst die benachbarten „Veltrennacher“, die damals noch die üblichen Weiderechte (Eckerichrechte) im Wald nutzen wollten und dazu ihr Vieh durch die Markung Conweiler trieben, wurden zur Einhaltung dieser Vorschriften gezwungen.

Transkription (Abschrift) von Kreisarchivar Konstantin Huber

Die komplette Transkription von Enzkreisarchivar Konstantin Huber, eine originalgetreue Abschrift der nur schwer lesbaren Handschriften des alten Dorfbuchs, mit besonders hilfreichen Erklärungen vieler Begriffe in den Fußnoten, war eine hervorragende Vorlage für diese Recherchen. Mit Genehmigung des Kreisarchivars durfte ich - so Hubert Mahle - die immer noch schwer verständlichen Ausführungen und Formulierungen in den heutigen Sprachgebrauch übertragen.

Wo standen die Dorf-Eingangstore Conweiler

Wo standen diese Dorf-Eingangstore in Conweiler und wie waren sie beschaffen? Diese Fragen sind zwar bis heute nicht restlos geklärt und so darf weiter geforscht werden. Zumindest aber das Tor am westlichen Dorfeingang ist im wieder entdeckten alten Dorfbuch an der früheren Ortsdurchfahrt Römerstraße im Bereich Pflugweg ausdrücklich erwähnt. Schon bei der Planung zur 700-Jahrfeier, vor knapp 15 Jahren, standen entsprechende Vermutungen im Raum, welche damit jetzt bestätigt wurden. Im dörflichen Bereich darf man sich diese Tore sicher nicht wie die historischen Stadttore vorstellen, aber allein der Hinweis auf eine frühere Existenz lässt darauf schließen, daß auch ein solches Tor am östlichen Dorfeingang „Steinweg / an der Mauer“ und damit aus Richtung Schwann vorhanden war.

Kleine Archivsensation –Odyssee des alten Dorfbuchs Conweiler

Nur mit den Aufzeichnungen im alten Conweiler Dorfbuch 1568, welches beinahe zufällig wieder „aufgetaucht“ ist, kann dieser Nachweis geführt werden. Und dies allein war schon eine kleine Archivsensation.

Auf „verschlungenen Pfaden“ und möglicherweise über Flohmärkte und viele Hände gewandert, gehandelt und als Rarität verkauft, war das alte Dorfbuch doch in relativ gutem Zustand erhalten. Das handschriftlich verfasste Original konnte aber fast niemand mehr lesen. Vermutlich deshalb wurde es zuletzt durch Vermittlung von Professor Dr. Gerhard Fritz, Murrhardt aus dem Angebot des Antiquariats Steinkopf in Stuttgartdem Enzkreisarchiv angeboten. Dieser Band, fälschlicher-weise als Forst-/Lagerbuch bezeichnet, soll angeblich aus dem Besitz des ehemaligen Grafen Adelmann in Kleinbottwar stammen.

Wertvolles Dokument für die Dorfgeschichte

Konstantin Huber erkannte sofort den besonderen Wert dieses Dorfbuchs und erklärte sich bereit, eine originalgetreue Abschrift über die dokumentierten Rechte und Pflichten der Bürger und Einwohner mit all den „herzoglichen Befehlen, Entscheidungen und Resolutionen“ für die Gemeinde Straubenhardt zu fertigen.

Bürgermeister Willi Rutschmann war sehr interessiert und hatte mit Zustimmung des Gemeinderats sofort eingewilligt, zumal dieses Dorfbuch ursprünglich eindeutig Eigentum der früher selbständigen Gemeinde Conweiler war. Dankenswerter Weise konnte damit das längst verschollene alte Dorfbuch – eines der wenigen noch erhaltenen Dorfbücher - wieder in das Gemeindearchiv zurückgeführt werden. 

Nach der Gemeindereform, vor knapp 40 Jahren, waren bereits alle Archive der fünf, früher selbständigen Gemeinden in Straubenhardt durch Mitarbeiter des Generallandesarchivs Karlsruhe „durchforstet“ und kein Dorfbuch gefunden worden, erinnerte sich Hubert Mahle.

In einem Bericht von 1955 aus einem Wildbader Forst-Lagerbuch war zwar von der Existenz eines alten Conweiler Dorfbuchs von 1568 die Rede, aber niemand wusste, ob es überhaupt noch existiert und in wessen Besitz es sein könnte. Wie das Buch verschwand, ist bis heute ungeklärt. Nach einem Hinweis im Dorfbuch selbst, könnte es allerdings auch je nach „unserem Gut-Befinden“, wie vom Herzog selbst schon „angedroht“, irgendwann im 18. Jahrhundert einfach eingezogen worden sein. Der „gnädige Fürst und Herr etc… und zu Gottes Gnaden“ hätte sich dann, ohne Nachweis der verbrieften Rechte wesentlich leichter über die „lästigen Klagen und Beschwerden“ des Dorfes hinwegsetzen können.

Bei Durchsicht des wieder aufgetauchten alten Dorfbuchs war schnell klar, daß dieses „Fundstück“ ein wertvoller Nachweis für die Dorfgeschichte ist. 

„Des Fleckhenn Chonnwey- lers Dorffbuch  1 5 6 8 “ 

BeimTitel für das Dorfbuch war dem damaligen Schreiber der Platz ausgegangen. Er hatte mit zu groß gewählter Hand- und Zierschrift begonnen und mußte danach  den Rest, ja sogar einen Teil des Dorfnamens, mit wesentlich kleineren Buchstaben in der zweiten Zeile fortsetzen. Und weil er sich die Mühe mit einem neuen Blatt von vorne zu beginnen nicht noch einmal machen wollte, hat er doch lieber Chonnwey-ler getrennt und in einer wesentlich kleineren Fassung weitergeschrieben. Man könnte ihm allerdings einfach auch nur  Sparsamkeit unterstellen, zumal er damit kein weiteres Pergamentblatt „verbrauchen“ mußte.

Die Einleitung zum Dorfbuch Conweiler – hier ein kurzer Auszug – beginnt wie folgt:

 „Alls man zält von der Geburth Christi unnsers ainigen Haylannds, Erlösers unnd Seligmachers, tusennt fünff hundert sechzig unnd acht Jar, bei Regierung deß durchlauchtigenn hochgebornen Fürsten unnd Herrn, Herrnn Christoffenn Hertzogen zu WürTemberg unnd zu Teckh, Graven zu Mömppelgardt [etcetera], unnßers gnedigen Fürsten und Herrn, ist mit sonderm günstigen Vorwisßen deß edlenn unnd ehrenvesstenn Daniels vonn Remchingen, Ober-, auch der ehrnnhafften unnd fürnehmen Michael Volmars, Undervogts zur Newennbürg, unnd Martin Kornn, Vorstmeisters im Wiltpad, deß Fleckhenn Chunweyler Dorffbuch ernewert, auch hernacher durch ehegedachte Ober- und Unndervögt, auch Vorstmeister, alß solches uf hochgedachts unnßers gnedigen Fürsten unnd Herrn gnediger Approbation einer ganzen Gemeind daselbsten zu Chonnweiler offentlich fürgeleßen, mit aigenen Handen underschriben unnd also damit confirmirt und bestettigt worden….“

Dreißigjähriger Krieg (1618-1648) mit großen Verlusten

Aus der Straubenhardter Geschichte ist bekannt, daß mit den Plünderungen und Brandschatzungen im Dreißigjährigen Krieg ganze Dörfer, wie z.B. Pfinzweiler („ der Weiler uff dr Pfinz“) einfach aufgegeben werden mußten. Umso wertvoller erscheint unter diesem Gesichtspunkt das wieder aufgetauchte alte Dorfbuch für Conweiler. Die im Dorfbuch dokumentierten Aufzeichnungen waren schon vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) von großer Bedeutung und bestätigten dem Dorf viele in „untertänigster Abhängigkeit vom gnädigen Fürsten und Herrn“ zugestandenen Rechte. Ebenso sind die wichtigsten Beschreibungen der eigenen Markung, Hinweise, Vorschriften und Regeln für die damals weitgehend von der Land- und Forstwirtschaft lebenden Dorfbewohner festgehalten.  

Schwierige Übermittlungswege für „Befehle und Resolutionen“

Erstaunlich was alles beschrieben, geregelt, befohlen, entschieden oder gar unter Strafe gestellt war. Selbst Streitigkeiten zwischen Nachbargemeinden wurden durch herzogliche Resolutionen „beschieden“ oder „per Befehl“ geregelt. Und wenn dann eine „höchste Entscheidung“ ergangen war, mußte diese handschriftlich ausgefertigt, von den nächsten „Untergebenen und Getreuen“ bzw. „des Schreibens kundigen“  abgeschrieben und weiter übermittelt werden.

Über die unterschiedlichsten Schreibweisen darf man sich nicht wundern. Ob richtig oder falsch, „wie diktiert und gehört“ oder nach der „üblichen Rechtschreibung“, war die Schreibweise nur scheinbar zweitrangig und bestätigt ebenso viele Über-tragungsfehler.

 Allein der Dorfname Conweiler kommt deshalb über den Zeitraum von knapp
200 Jahren (1751 finden sich die letzten Aufzeichnungen) in fünf verschiedenen Fassungen vor:  Chunweyler, Chonnwyller, Chunwyller, Chonweyler und Chunweiler.

Die wenigen des Lesens und Schreibens kundigen Gerichts-, Stadt- oder Forstschreiber hatten alle Hände voll zu tun, zumal immer der vorgeschriebene Übermittlungsweg einzuhalten war. „Wichtiges oder Eiliges“ wurde deshalb aus den Aktenbergen im wahrsten Sinne des Wortes „heraus- und vorgezogen“. Auf eine sog. „Finalresolution des gnädigen Fürsten und Herrn von Gottes Gnaden Carl Herzog zu Württemberg und Teck“ über Streitigkeiten zur Waldnutzung mußten die betroffenen „Communen Conweiler und Dennach“ ein halbes Jahr warten, bis die Entscheidung per „Extractum“ (Abschrift) für sie ausgefertigt wurde.

Mehrfertigungen im Rathaus Conweiler

Das alte Conweiler Dorfbuch von 1568 ist in einer Ausstellungsvitrine im Rathauses Conweiler ausgestellt (nach Ende der Jubiläumsausstellung dort wieder zu sehen). Gegen einen Unkostenbeitrag von 6,50 Euro stehen eine Mehrfertigung mit Kopien der Originalseiten, die Abschrift mit den wertvollen Erläuterungen sowie die Übertragung in die heute verständliche Fassung zur Verfügung. 

Hubert Mahle