Tafel 5: Waldgeschichte

Seit jeher nutzt der Mensch den Wald als Ressource, aber auch als Lebensraum. Im Zuge dessen wurde der Wald bewusst an die menschlichen Ansprüche angepasst oder unwissentlich dadurch verändert. So finden wir in Deutschland heutzutage keine Urwälder mehr; alle Wälder wurden irgendwann durch den Menschen auf verschiedene Weise geprägt. Man spricht von „Kulturwäldern“.

Streunutzung

Schon während des Mittelalters wurde die Laubstreu im Wald als Viehfutter und Einstreu im Stall genutzt. Teilweise wurden die Bäume sogar geschneitelt: Laubreiche Zweige wurden von den Stämmen geschnitten und verfüttert.

Da Laub und Nadeln besonders viele Nährstoffe enthalten, hat diese Form der Nutzung zu einer Verarmung der Waldböden geführt: Die Schweine wurden fett, aber die Waldböden immer nährstoffärmer. Über die Jahrhunderte hinweg praktiziert hat sich nach und nach auch die Pflanzenwelt dementsprechend entwickelt. So finden sich heute auf diesen Flächen oft das anspruchslose Heidekraut und als Baumart die Kiefer. Paradebeispiel für diese Pflanzenmischung ist der sogenannte Reichswald bei Nürnberg, wo der Nadelholzbestand bei 81 bis 89 Prozent liegt.

Oft werden in solchen Waldgebieten die Wege und Abteilungen nach der früheren Nutzung benannt, wie hier im Straubenhardter Wald der Säuweg, Sautriebweg oder Saustallweg (Quellen: Enzkreis).

In der Folge der historischen Streunutzung war der Boden sehr nährstoffarm. Typisch für solche Böden ist das Vorkommen der Heidelbeere (sogenannte Zeigerpflanze), die Sie auch hier entdecken können.

Die Kiefer ist nicht anspruchsvoll in Bezug auf Nährstoffe. Im Gegensatz zu anderen Baumarten konnte sie hier keimen und wachsen.

Waldweide

Besonders in Gebieten mit vielen Eichen oder Buchen haben die Bauern ihr Vieh, vor allem Schweine, aber auch Schafe und Ziegen, in den Wald getrieben und dort gehütet. Die Früchte, Eicheln und Bucheckern sind sehr kohlenhydrat-, protein- und fettreich und damit ein ideales Futtermittel. Die dadurch entstandenen, lichten, warmen Hutewälder haben vielen Arten Lebensraum geboten. Es war teilweise sogar bei Strafe verboten, alte Eichen zu fällen!
Allerdings ging die Beweidung oftmals zu Lasten der Verjüngung dieser Bestände, das heißt zu wenig junge Bäume konnten nachwachsen.

Niederwald

Neben Laub und Früchten wurden enorme Mengen Brennholz zum Kochen, aber auch Heizen, und für die Herstellung von Holzkohle benötigt. Es war das hölzerne Zeitalter. Die damaligen Handwerkzeuge waren nicht für die Zerkleinerung dicker Stämme geeignet, weshalb die dünnen Stämmchen und Äste bevorzugt wurden. Baumarten wie Hainbuche, Linde oder Hasel, aber auch die Edelkastanie treiben wieder aus, wenn sie abgesägt werden (Stockausschlag). Diese Eigenschaft hat sich der Mensch zu Nutze gemacht und sogenannte Niederwälder begründet. Diese wurden in regelmäßigen Abständen auf den Stock gesetzt, das heißt geerntet. Nach wenigen Jahren ist wieder ein neuer Bestand aus den alten Wurzelstöcken entstanden.

historische Darstellung WaldnutzungEinzelne Waldabschnitte wurde immer wieder abgeerntet und auf den Stock gesetzt.
Quelle: R. Bärnthol, Nieder- und Mittelwald in Franken, 2003

Gibt es historische Waldnutzungsformen heute noch?

Im Zuge der Industrialisierung und einer zunehmenden Mechanisierung verloren die historischen Waldnutzungsformen an Bedeutung und sind stark zurückgegangen. Mittlerweile wurden aber die ökologischen und ästhetischen Werte alter Waldformen wiederentdeckt: Durch Förderprogramme unterstützt, erfahren beispielsweise Nieder- und Hutewälder derzeit wieder eine Renaissance.

Um möglichst viele Nährstoffe im Wald zu belassen, lassen die Förster Kronen und dünnere Äste nach der Fällung oft im Wald liegen. Am meisten Nährstoffe sind im Laub und in der Rinde enthalten.

Buch-Tipps:

Geschichte des Waldes - Von der Urzeit bis zur Gegenwart, Küster, Hansjörg, Verlag C.H. Beck, 2013

Menschen im Wald - Waldnutzungen vom Mittelalter bis heute in Bildern, Hrsg. v. d. Niedersächsischen Landesforsten, Kleinschmit, Hartmut, 2019

Quellen:

Geschichte des Waldes in Mitteleuropa, aufgerufen am 13.08.2021

R. Bärnthol, Nieder- und Mittelwald in Franken, 2003